oder: The Times they are achanging! Unfortunately!!…
Ja, die Überschrift impliziert es schon: “FRÜHER WAR ALLES BESSER!”. Jawohl, ich werfe jetzt mal diesen provokanten Satz so einfach ins World Wide Web. Warum? Nun, vor einigen Tagen war ich durch ein paar Kommentare die sich auf die heutige Zeit im Vergleich zum “goldenen Zeitalter” bezogen, ins grübeln gekommen.
Vielleicht hat auch das relaxte sitzen auf dem Balkon in der Wohnung, in der ich aufgewachsen bin und meine Kindheit und Jugend verbrachte (und ich noch ein Foto im Gedächtnis habe, wo ich vor einem halben Jahrhundert in einer Zink-Badewanne als Steppke auf genau diesem Balkon saß – dazu geführt, etwas nachdenklich – mit leicht sentimentalem Touch – zu werden.
Oder es ist die Erkenntnis “endlich” zu sein, und die größte Zeit seines Lebens bereits gelebt zu haben – und dies in der Gewissheit, dass auf dem steinigen und schmerzendem Weg der noch kommenden Jahren nur noch langsamer körperlicher Verfall und geistige Verwirrtheit als Highlight auf einen warten.
Gut, wir “Alten” wissen, dass es stimmt, dass früher alles besser war – weil (und dies ist eigentlich der Widerspruch) viele Dinge schwieriger waren, das Geld knapper – weshalb es in den Gruppen auch gar nicht zu dem ausgeprägtem Markenwahnsinn und Kaufzwang kam (jedenfalls nicht im heutigen Ausmaß)
Zugegeben – eine Lewis oder Wrangler Jeans wollten wir früher alle haben. Dazu eine Kampfjacke aus dem US Verkauf Petermann – und man war der Held in seiner Clique! Dass es beschaulich war, lag vielleicht auch an der moderaten Berieselung mit Verbraucherinformationen, denn in meiner Jugend war das Fernsehen auf 3 Sender beschränkt – die folgerichtig Erstes, Zweites und Drittes Programm hießen – man erkennt bereits an der Namensgebung, dass Fernsehen damals eher nüchtern zweckmäßig als spannend unterhaltsam war. Dazu war es in Schwarzweiß – Farbe kam erst später und dafür brauchte man natürlich ein Farbfernsehgerät.
Trotzdem gab es Sendungen, an die ich mich noch erinnere – Und ich habe Sie durch Zufall im Internet wiedergefunden und gleich gesichert. Denn solche Schätze sind kaum noch zu finden:
Was sucht der Mensch im Weltraum? – von Professor Heinz Haber.
(Dieser liebenswerte Wissenschaftler brachte uns während der Zeit der Mondlandungen das Wissen um die Erde und den Weltraum näher – sozusagen der Vorfahr von Professor Lesch der in der Sendung Alpha Centauri Wissen um den Kosmos vermittelt)
Das Leben als Teenager war nicht mit heutigen Maßstäben vergleichbar. Handys gab es noch nicht – hatte man sich verabredet, dann musste man hin, da man nicht mal eben schnell absagen konnte. Das heimische Telefon war Tabu-Zone und durfte wegen der damals hohen Telefongebühren (haha, Flatrate, von wegen) nur nach heftigstem bitten und betteln in höchster Not benutzt werden. Aber dies hatte für die Charakterbildung einen wesentlichen Vorteil: Ein Wort war ein Wort. Ja, früher – Heute sind Jugendliche hauptsächlich erst mal Eines: Undankbar. Man darf alles für Sie tun – bittet man aber einmal selbst um einen Gefallen, kommt ein lapidares “kein Bock” zurück. Dazu gesellen sich soziale Inkompetenz, Oberflächlichkeit und Dummheit. Da mach ich im Geiste 3 Kreuze, dass ich vor Ehefrauen und Rotzblagen verschont geblieben bin.
Doch zurück zu meiner Kindheit: Überhaupt wurde mehr gehandelt und weniger gequatscht – zum Beispiel beim spielen. Computerspiele gab es nicht. Für unser “Dungeons and Dragons” mussten wir hinaus auf die Wiese. Gefochten wurde mit Stöcken und häufig bekam man einen schmerzhaften Hieb auf die Finger. Ja, das tat weh – aber es ging bei weitem nicht so brutal zu wie heutzutage. Ja, man kloppte sich unter Jungs, aber wenn jemand auf dem Boden lag, wurde höchstens noch ein bisschen “Muckireiten” gemacht (ich hoffe dieser Begriff ist heute noch bekannt..)
Partys gestalteten sich einfach. Ein Keller dessen Wände mit Alufolie beklebt waren, um die paar farbigen Strahlen der “Lichtorgel” zu reflektieren. Die war an den Verstärker angeschlossen und mittels Frequenzweiche und dank 3 verschiedenfarbigen Strahlern verströmte dieses Teil so etwas wie Disco-Feeling. Bei Klammer Blues regte sich nicht viel – jedenfalls Lichttechnisch, in meiner Jeans dafür umso mehr.
Das Flaschendrehen machten wir noch manuell (natürlich versuchten wir durch Geschick den Flaschenhals nicht auf der hässlichen Ziege landen zu lassen, was leider nicht immer klappte) und nicht durch ein iPhone App.
(Dinge die die Welt nicht braucht – bloß weil es machbar ist, ist es nicht automatisch sinnvoll)
Ging man zum Bäcker und wollte ein Salami-Brötchen, gab es ein Brötchen mit dick Margarine (oder auch Butter) beschmiert, welches mit 2 Scheiben leckerer Salami belegt war – und sonst nichts!
Kein Salatblatt, keine Tomaten – oder Gurkenscheibe, keine Remoulade oder ähnliche Pampe. In Abwandlung des WYSIWIG (what you see is what you get) Sozusagen ein: WYOIWYG – What you Order is what you get.
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Der absolut geniale Vorteil dieses Oldfashioned Brötchens: Man konnte Sie locker bis Mittags in der Tüte lassen und sie waren dank relativ trockener Fauna-Auflage immer noch einigermaßen knackig – während die heute angebotenen ‘veredelten’ und deshalb doppelt so teuren Designer-Bemmen nur noch Matsche waren, weil die Flora-Bestandteile dank bekannter Inkontinenz ihre Feuchtigkeit in den Brötchenteig pieselten – was den zu unappetitlichem Schnodder mutieren ließ..
In den Kneipen gab es das beliebte Studentengetränk “Altbierbowle”, was letztlich nichts weiter war, wie ein hohes Bierglas welches mit Altbier und Fruchtcocktail aus der Dose gefüllt war, und dessen Früchte dank Schaschlik-Spieß harpuniert werden konnten.
Bestellt man heute in einer Kneipe eine Altbierbowle wird man verständnislos angeschaut. Die meisten Kellner kennen das Getränk aus Altersgründen schon nicht mehr. Die älteren verziehen angewidert das Gesicht – So ein vulgäres Getränk? Da kann man ja gleich Spülwasser ordern. Ebenso verhält es sich mit Kaffee. Ich trinke auch mal ganz gern einen Mokka, wenn ich unterwegs in der Dortmunder Kneipenszene bin. Kaffee heißt für mich: Eine Tasse gefüllt mit Kaffee. Ich will keine Milchkaffe-Mixtur oder einen schwulen Latte Macciato. Die Plätzchen oder anderen Beigaben können gerne die Tauben haben. All die neumodischen Bezeichnungen und Tune-Ups haben aus einem normalen Kaffee eine überteuerte klebrige Plörre gemacht.
Wenn’s dabei bleiben würde – es wäre noch halbwegs erträglich. Doch leider ist auch in anderen Bereichen durch ‘Verschlimmbesserungen’ nur noch Murks auf dem Markt. Genau, ich spreche von der Zeit vor DSDS. Da gab es Zeiten, da konnten Musiker tatsächlich virtuos ein Instrument spielen, hatten noch dazu eine geniale Stimme und schrieben ihre Texte selber. Wer mal hören will, was ich meine:
(Greg Lake von Emerson, Lake and Palmer. Musik zum niederknien – so etwas gibt es seit DSDS nicht mehr)
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Mal was anderes als Alexander Klaws und Co. oder?
Unsere Autos hatten keine Servolenkung oder Klimaanlage. War es im Sommer heiß, wurde das Schiebedach geöffnet – sofern eines vorhanden war. Ansonsten wurden die Fenster heruntergekurbelt. Dieser Begriff ‘gekurbelt’ mag jungen Menschen unbekannt sein. Es bedeutete, dass man die Fenster mittels einer Kurbel in der Tür öffnen oder schließen musste – und nicht mit einem elektrischen Wippschalter. Überhaupt hatten unsere Autos vieles nicht: automatische Sicherheitsgurte (ja, die habe ich an meinem ersten Auto noch nachträglich eingebaut), Servolenkung, ABS, Airbags, Klimaanlage, Stereo-Anlage, geschweige denn Navi-System und nicht zu vergessen – Katalysator waren Errungenschaften, die erst später entwickelt wurden. Das Benzin kostete knapp 80 Pfennig der Liter, und wenn man für 10 D-Mark tankte kam man von Dortmund bis zur Düsseldorfer Kö und zurück und hatte einen schönen Sonntagsausflug gemacht. Wenn man heute für diesen Betrag – umgerechnet ca. 5,00 Euro – tankt, kommt man grade von der einen Tankstelle zur nächsten.
Unsere Autos waren auch keine runden Eier sondern hatten ein Profil. Was den CW-Wert atomisierte! Deshalb waren Höchstgeschwindigkeiten über 180 Km/h eine Seltenheit und Autos mit Sportwagen-Charakter – und ebensolchen Preisen – vorbehalten.
(Ein fast “neuer” Golf GTI II. Baujahr ab 1990 – erkenntlich an der Frontschürze, Dieses Auto hatte schon Kat und diverse elektrische Spielerchen – obwohl er auch schon über 20 Jahre alt ist, sieht das rote Luder auf dem Foto doch noch ziemlich scharf aus)
Dafür waren Autos aber erschwinglich. Mein erster Golf GTI kostete im Jahr 1979 als Neuwagen 18.000,- D-Mark. Mein 83er Pirelli- GTI 24.000,- DM. Ihn kaufte ich ein Dreivierteljahr alt von der VW-Motorsport GmbH für ebenfalls 18.000.- Mark und behielt ihn 6 Jahre. Knapp 9.000,- Euro umgerechnet für ein fast neues Auto? Da bekommt man heute grade mal ein Drittel Golf GTI für. Mit ein paar Extras ist man da bei rund 30.000,- Euros, die ein riesiges Loch in die Kasse brennen. Will man so etwas über eine Bank finanzieren, packt noch Versicherung und Sprit dazu ist man bei rund einem Kiloeuro jeden Monat, der nur dafür versenkt wird so eine Schüssel sein eigen nennen zu dürfen.
Nee, dazu ist mir mein Geld zu schade.
Fakt ist: ich finde immer weniger an dieser Welt, die mir sagt – es ist toll. Alles ist nur noch auf Gewinn aus. Schnell, schnell -kaum ist ein Modetrend da, kommt der nöchste, der noch beknackter aussieht. Vorbilder oder Idole? da bin ich mir eher mein eigenes, denn ich könnte auch bei längerem nachdenken keinen Menschen nennen, dem ich nacheifern möchte – selbst die vermeintlichen Lichtgestalten haben Dreck am Stecken. Das macht schon alles sehr, sehr nachdenklich.
Ich glaub, ich setz mich wieder auf meinen Balkon und rauch mir eine…
Datum letzte Änderung: 04.07.2011 09:12 Uhr