…sind wir Real? Oder sind wir auch nur Bits und Bytes?
Dortmund – Ich bin bekanntermaßen ein Fan von alten Filmen aus den 50er und 60er Jahren. Normalerweise sind die Objekte meiner Begierde Hollywood-Streifen in Technicolor. Errol Flynn, Burt Lancaster, Tony Curtis, William Powell, Tony Randall und Co., sind für mich die ganz großen Leinwand-Stars.
Doch letztens erinnerte ich mich aufgrund einer Diskussion mit einem Freund an einen alten deutschen Film aus den 70ern von Reiner Werner Fassbinder. An den Filmtitel konnte ich mich noch gut erinnern. Der Film hieß: “Die Welt am Draht”. Film-Thema war virtuelle Realität. Der Film war für mich dergestalt interessant, da ich ja auch am PC virtuelle Welten erschaffe, und auch die sollen von der Realität möglichst nicht zu unterscheiden sein.
Der Inhalt des Film ganz kurz:
Auszugsweise aus Wikipedia: Die Handlung spielt in der Gegenwart der 70er Jahre. Am „Institut für Kybernetik und Zukunftsforschung (IKZ)“ wurde ein gigantischer Computer namens Simulacron-3 entwickelt, der imstande ist, eine ganze Welt künstlich zu simulieren. Diese virtuelle Realität läuft rund um die Uhr und wird von „Simulationseinheiten“ bevölkert, die in etwa dasselbe Leben führen wie wir und ein Bewusstsein besitzen. Außer einigen wenigen „Kontaktpersonen“ wissen die simulierten Menschen jedoch nicht, dass ihre Welt nur eine Simulation bzw. ein Simulakrum ist.
Im laufe des Films wird immer mehr klar, dass die Menschen , die sich für Real halten, ebenfalls nur Simulationseinheiten sind, und Ihre ganze Welt nichts weiter als eine riesige Matrix.
Ähnlichkeiten mit der Matrix-Reihe mit Keanu Reeves sind vorhanden, allerdings ist (wie fast immer bei deutschen Produktionen) der Film nicht auf “Action” getrimmt. Der Film ist Detailverliebt, hat seine Längen.
Stellenweise mag man Ihn für zäh halten. Sehenswert ist auf jeden Fall die Mode aus den 70er Jahren: Sakkos mit Karo-Muster in Ziegelsteingröße und Hemdkragen mit denen man Segeln gehen kann. Darsteller sind unter anderen: Klaus Löwitsch, Barbara Valentin, Günter Lamprecht, Ivan Desny, Gottfried John, Eddie Constantine, Walter Sedlmayer u.v.a.
Benjamin Happel schreibt in seiner Rezension unter dem Titel Matrix für Fortgeschrittene:
„Mit seiner von einem ‚Goldmann Weltraum Taschenbuch‘ inspirierten Story nimmt Welt am Draht eine Diskussion vorweg, die erst später in vollem Umfang ausdiskutiert werden sollte. Fassbinder fragt nach grundlegenden philosophischen Konzepten des Seins, der Realitätswahrnehmung, und eben auch der Videoüberwachung. Er fragt nach dem Objektstatus von überwachten Subjekten und skizziert den Alptraum, als Individuum mit dem Glauben an seine eigene Existenz lediglich einem Trugbild zum Opfer zu fallen (sicher nicht zufällig heißt der Supercomputer des Films Simulakron). Zahlreiche aktuelle Filme nehmen diese Thematik auf, von Cronenbergs eXistenZ über Matrix von den Wachowsky Brothers oder Dark City von Alex Proyas. Ein Rückblick auf Fassbinders Werk bringt dem Zuschauer sicherlich einige neue Erkenntnisse, denn Fassbinder inszeniert zwar möglicherweise ein wenig langsamer als genannte Kollegen, dafür allerdings auch mit ein wenig mehr Tiefgang.
Die Titel-Musik ist übrigens „Albatros“ von „Fleetwood Mac“.
Der Film wird seit Jahren nur selten im Fernsehen gezeigt und ist auch auf anderen Medien – zumindest außerhalb von Internet-Tauschbörsen – nicht verfügbar. Im Kino wurde der Film nie vorgeführt. Die Rainer-Werner-Fassbinder-Foundation plant eine DVD-Ausgabe, muss dafür aber noch Rechte für eine außerfernsehmäßige Verwertung klären.
Nach Rückfrage beim WDR-Mitschnittservice (Stand 1. Februar 2007) kann ein Mitschnitt des Films für private Zwecke auf VHS oder DVD-R erworben werden.
Edit: Mittlerweile ist der Film bei Amazon für knapp 18,00 Euro erhältlich.
letzte Änderung: 22:07.2010 15:55 Uhr