..oder ein ERP für Kühlschränke? Ja, das gibt’s wirklich..
Was haben ein Side by Side Kühlschrank und die Mülltonne gemeinsam? Leider landet vieles was man an frischen Lebensmitteln gekauft hat, wenn man es gebrauchen will (oder man es nach Wochen unten in der hintersten Ecke des Kühlschranks entdeckt) in der genannten Mülltonne. Grade bei Fleisch habe ich da immer ein schlechtes Gewissen – musste doch ein Tier wegen nix und wieder nix sterben.
Klar, man könnte jetzt darüber streiten, dass das Tier, als ich es gekauft habe schon tot war. Hätte ich es nicht gekauft, dann wohl jemand anderes – aber ich will gar nicht in philosophische Gespräche abdriften, oder dass jeder Krokodilstränen vergisst, wenn irgendwo auf der Welt ein Tier geschlachtet wird – für mich bleibt es jedenfalls ein unschönes Gefühl.
Und was macht man, wenn man ein Problem hat? Genau, man sucht nach einer App, die den Inhalt des Kühlschranks überwacht und Alarm schlägt, wenn ein Produkt in den Bereich des Mindesthaltbarkeitsdatums kommt. Nun, da gibt es einige – gemeinsam haben die, dass man sich erst mal ein Konto anlegen muss, weil viele Daten über irgendwelche Webserver synchronisiert und aktualisiert werden müssen. Mir reicht es aber langsam mit dem Datensammelwahn, die darauf abzielt, dass der User irgendwann mit “personalisierter” Werbung zugespammt wird.
Andere waren so hakelig und unübersichtlich, dass man der Meinung war, der Praktikant hätte die in einer Woche aus einem Programmier-Baukasten zusammengeklöppelt, denn eine stürzte schon beim Versuch einer Eingabe ins Nirwana ab.
Und dann saß ich Nachmittags an meiner NAS und mehr durch Zufall fiel mir im QNAP-Club ein Programm auf, welches erst mal eher unspektakulär wirkte: GROCY – und damit veränderte sich buchstäblich mein Leben..
Kennt Ihr den Film “die Super-Ex” mit Uma Thurman? Fast wie die Superheldin kommt Grocy daher: am Anfang wirkt es etwas spröde – später zeigt es dann seine Superkräfte. Und das Gute: Du musst vorher Grocy nicht zum Essen einladen oder Ihm/Ihr Blumen schenken – denn Grocy ist Open Source und kostenlos! Der Entwickler dahinter ist Bernd Bestel, der dieses Projekt in seiner Freizeit entwickelt. Auf GitHub sind auch noch andere Enwickler involviert, die Plugins integrieren oder Programmverbesserungen beisteuern.
(Bild oben: Grocy in Aktion – das am meisten genutzte Fenster um die Bestände seiner Lebensmittel (Medikamente, Getränke, Schrauben und Nägel – ach einfach alles) zu verwalten. Farblich in Blau ist gekennzeichnet, was unter dem Mindestbestand ist und nun schnellstens eingekauft werden sollte – die rötlichen Einträge sind Lebensmittel deren MHD bereits abgelaufen ist und die gelben sind kurz davor. Zeit also, den Speiseplan anzupassen und die Sachen schnellstens zu einer Mahlzeit zu verwursten.)
Es gibt eine Server-Version, sowie eine Desktop-Version für Windows. Das Programm ist aber wie beschrieben auch im QNAP Club erhältlich um auf einer NAS von QNAP installiert werden zu können – leider funktioniert das bei mir nicht. Da die Version für eine lokale Windows Installation aber auch Netzwerkfähig ist, ist das nicht ganz so tragisch – solange man im heimischen Netzwerk unterwegs ist, kann man auf allen Endgeräten mit Webbrower interaktiv GROCY nutzen. Wenn man also im Hobby-Keller mit seinen Freunden sitzt und während des spielens mit der Modelleisenbahn ein Tütchen Chips und ein Pilsken schnasselt, dann kann man das auf seinem Smartphone, Tablet – oder was auch immer direkt eingeben – und der Verbrauch wird abgezogen und auf der zentralen Datenbank aktualisiert.
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Zugegeben – Grocy macht am Anfang eine Menge Arbeit, denn es ist am Angang komplett leer – man muss es erst mal mit Leben füllen. Man merkt schnell, dass grade bei den Mengenangaben von Produkten immer mal wieder eine neue Einheit hinzugefügt werden muss. Denn alleine bei Getränke-Gebinden geht’s schnell ins Dutzend: 0,33 ltr. Einweg, 0,5 Ltr. Einweg, 0,7 Ltr. Einweg, 1,0 Ltr. Einweg, 1 Kiste 0,33 Ltr, 1 Kiste 0,5 Ltr., 1 Kiste 1 Ltr. usw. und dann das ganze Spiel natürlich nochmal für die Mehrweg-Varianten. Man tippt sich also erst mal einen Wolf..
Bei den Produkten ist es ähnlich – Da man ja nicht immer im gleichen Laden kauft, hat man Konservendosen vielleicht mal beim Kaufland, dann beim ALDI, dann wieder im REWE gekauft. Da jedes Produkt eine andere EAN hat, muss man auch für jede EAN ein Produkt anlegen, sonst klappt das erfassen des Wareneingangs mit dem Scanner nicht. Ja, ihr lest richtig: Grocy unterstützt Barcode-Scanner (ich habe mir bei AMAZON extra dafür eine günstigen Bluetooth-Handscanner von inateck für ca. 50 Euro gekauft). Damit scanne ich die Artikel nach dem Einkauf, gebe noch das MHD ein und den Rest macht Grocy.
Bei Obst und Gemüse kann man sich beim MHD nach seinen Erfahrungen richten – ein Wasserhaltiges Obst verdirbt i.d.R. schneller als ein trockenes. So zwischen einer Woche und 10 Tage sollten aber sicher sein. Bei Frischfleisch steht das MHD ja sogar auf der Verpackung. Fast noch wichtiger ist die Erfassung bei Konserven – man glaubt ja, das MHD würde nie erreicht, weil man das vorher schon gefuttert hat.
Neee.. das Gegenteil ist der Fall. Konservendosen werden grundsätzlich im Schrank vergessen und/oder immer weiter nach hinten geschoben, bis Sie hinter einer Wand von anderen Dosen unsichtbar sind. Grocy sagt Dir, dass noch eine Dose da ist – und wenn Du nicht willst, dass Dir eine Bombage die Küche versaut, dann solltest Du sie besser schleunigst suchen..
Das schöne bei den Produkten, wie beispielsweise bei Getränken, die ich seit Monaten nur noch über Flaschenpost.de bestelle, ist die Möglichkeit zu unterscheiden, was ich an Bestelleinheit und was ich an Mengeneinheiten habe. So bestelle ich eine Kiste Mineralwasser mit 12 Flaschen a 0,7 Liter – aber im Bestand wird keine Kiste gebucht, sondern 12 einzelne Flaschen, weil ich diese Mengenwerte dem Produkt Mineralwasser zugewiesen habe. Beim Verbrauch wird durch Klick auf die entsprechenden Buttons auf der Bestandsseite, dann also auch nur entweder 1 Flasche angebrochen oder eben 1 Flasche komplett entfernt. Sind nur noch 3 Flaschen (oder was man sonst als Wert hinterlegt hat) vorhanden, wird Grocy automatisch darauf hinweisen, dass der Artikel neu bestellt werden muss. Einige werden das vielleicht als überflüsig ansehen – aber wenn man Getränke nicht in der Wohnung lagert, sondern im kühleren Keller, muss man nicht etliche Stufen runter rennen um zu schauen, ob noch Getränke im Haus sind.
Eigentlich hat mich das schon überzeugt von nun an GROCY einzusetzen – aber Grocy kann noch so viel mehr:
Wie oben im Bild zu sehen, ist die Putenbrust abgelaufen und muss schnellstens verbraucht werden. Auch die Zucchinis und Champignons sind kurz davor sich in eine bräunliche schimmelige Masse zu verwandeln, falls wir die nicht den Gästen kredenzen.
(Bild oben: grocy bietet auch noch ein Kochbuch (das man natürlich auch selber machen muss). Aber hat man ein Rezept erstellt, dann kann man immer wieder darauf zugreifen. Die Rezeptsammlung wird nach und nach immer größer und damit auch die Abwechslung auf dem Speiseplan. Ebenfalls gut durchdacht ist, dass dir grocy pro Portion die Kalorien und den Preis anzeigt. Diese Werte zieht sich das Programm aus den hinterlegten Produktangaben und den jeweiligen Einkaufspreisen, die ja saisonal bei Gemüsen auch schwanken)
Also flugs mal bei google “Rezept Putenbrust Champignons Zucchini” eingetippt und man findet auf etlichen Webseiten Rezepte mit den Zutaten. Die kann man dann abspeichern, die Produkte aus dem Bestand zuweisen und grocy errechnet Dir sowohl die Anzahl der Kalorien, wie auch den Preis pro Gericht, bzw. pro Portion. Die Rezepte kann man dann sogar zu einer wöchentlichen Speisekarte zusammenstellen, die im Kalender angezeigt wird.
(Bild oben: ebenfalls ein tolles Feature ist der Speiseplan. Er hilft Lebensmittelverschwendung zu verhindern und zeigt Dir auch an, ob Du mit dem Verbrauch der Lebensmittel noch in deinem Budget bist)
Immer noch nicht von grocy überzeugt? Wie wär es denn damit? Grocy verwaltet alle deine Bedienungsanleitungen an einem zentralen Ort. Und grade bei mir kommen da einige Bedienungsanleitungen zusammen, die ich sonst immer in der ganzen Bude suche – aber immer erst finde, wenn der Fehler schon behoben wurde.
(Bild oben: auch das ist grocy – es sammelt deine Bedienungsanleitungen im PDF-Format und stellt Sie Dir jederzeit zur Verfügung)
Damit sind die Möglichkeiten von grocy jedoch immer noch nicht am Ende!
Es gibt nämlich noch den Block zur Verwaltung der Hausarbeiten. Wenn Du in einer WG lebst, dann kannst Du natürlich auch mehrere User anlegen und denen arbeiten zuweisen. Ganz ähnlich wie beim Lebensmittelverbrauch muss dann der User, dem die Aufgabe zugeordnet ist, durch Klick auf den Button, die Arbeit nach Erledigung quittieren. Da man einer Arbeit auch den Verbrauch von Artikeln zuweisen kann, verwalte ich damit zum Beispiel das einwerfen meiner Medikamente.
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Du glaubst, damit ist grocy nun endlich ausgereizt? Nein! Es gibt natürlich einen schicken Nachtmodus und die Möglichkeit benutzerdefinierte Felder zu erstellen. So habe ich bei den Rezepten ein Feld eingefügt, welches per Checkbox anzeigt ob ein Rezept vegan ist, oder nicht. Ebenso habe ich das Feld Kohlenhydrate bei den Rezepten und Produkten eingefügt. Das ist für mich als Diabetiker wichtiger als die Kalorien.
Und damit ist grocy immer noch nicht am Ende der Fahnenstange bei den Funktionen – doch das sollte wohl eigentlich Dicke ausreichen um dem Programm eine Chance zu geben, oder?
Was ist mit euch? Werdet ihr grocy nutzen oder nutzt Ihr es schon – und wie sind eure Erfahrungen?
grocy - die software im Test
Preis/Leistungsverhältnis - 92%
Funktionsumfang - 92%
Kompatibilität - 92%
Bedienung - 84%
Installation - 89%
Support - 49%
83%
Egebnis
Nach knapp einer Woche intensiven grocy nutzens kann ich sagen, dass ich wirklich begeistert von dem Programm bin! Hat man sich erst mal etwas damit befasst, macht es richtig Spass, seinen Lebensmittel damit zu verwalten. Es gibt natürlich Apps, die ähnliches anbieten - doch alle wollen eigentlich erst mal deine Daten. Grocy ist anders. Die Daten bleiben bei Dir und nicht bei irgendwelchen Firmen, die dich dann mit "personalisierter Werbung" zu müllen. Grocy kann auch wesentlich mehr als die Apps. Es ist tatsächlich zu viel hier alles aufzuzählen. Ich sage nur: Probiert es aus - grocy ist kostenlos; Ihr könnt also nichts falsch machen!